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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 19 U 34/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 652 Abs. 1
1. Für den Provisionsanspruch des Maklers genügt grundsätzlich der Abschluss des schuldrechtlichen Hauptvertrages.

2. Anderes gilt, wenn der Maklervertrag einer Auslegung dahin zugänglich ist, dass der Provisionsanspruch entfällt, wenn der wirtschaftliche Zweck des Hauptvertrages wegfällt.

3. Der Erwerb eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung begründet keine Provisionspflicht für das vom Makler benannte Grundstück, es sei denn, der Erwerb in der Zwangsversteigerung wird durch Individualvereinbarung dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrages gleich gestellt.


Gründe:

I.

Der Kläger betreibt eine Immobilienfirma in ....

Mit Exposé vom 15.02.2004 (Bl. 19 d.A.) bot er dem Beklagten ein aus insgesamt 11 Wohnungen bestehendes Wohn- und Geschäftshaus in ... an. Hierin heißt es u. a.: "Paketpreis für alle Wohnungen: 525.000,00 EUR - Courtage: Alle Preise zzgl. 5,8 % inkl. MwSt. auf den protokollierten Kaufpreis". Unter Bezugnahme auf dieses Angebot bot der Beklagte mit Schreiben ohne Datum (Bl. 20 d.A.) dem Kläger für die elf Wohnungen einen Gesamtkaufpreis von 480.000,-- EUR sowie für die erfolgreiche Vermittlung eine Maklerprovision in Höhe von 21.000,-- EUR an. Mit weiterem Schreiben vom 10.05.2004 (Bl. 21 d.A.) erklärte sich der Kläger gegenüber dem Beklagten und dessen Ehefrau für den Fall eines Kaufvertragsabschlusses mit der Zahlung der Courtage in fünf gleichen Raten einverstanden, wobei die erste Rate mit Abschluss des Kaufvertrages sofort fällig werden sollte. Im Betreff dieses Schreibens heißt es u. a. "X Insolvenz...Kauf der Wohnungen und Zahlung der Courtage". Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt schloss der Beklagte vor dem Notar N1 einen Kaufvertrag über die oben bezeichnete Immobilie. Der Vertrag konnte jedoch nicht umgesetzt werden, da die Nachranggläubiger nicht bereit waren, Löschungsbewilligungen zu erteilen.

Die A-Bank als erstrangige Gläubigerin empfahl dem Beklagten deshalb, die Eigentumswohnungen in dem zwischenzeitlich eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren zu erstehen und mit ihr eine entsprechende Ausbietungsgarantie abzuschließen. Wegen Einzelheiten hierzu wird auf das Schreiben der A-Bank vom 25.01.2005 (Bl. 22 d.A.) verwiesen.

In der Folgezeit ersteigerten der Beklagte fünf und seine Ehefrau sechs der Wohnungen.

Am 08.04.2005 erteilte der Kläger dem Beklagten für die Vermittlung der Wohnungen eine Provisionsrechnung über einen Betrag von 21.000,-- EUR (Bl. 4 d.A.). Hierauf leistete der Beklagte eine erste Abschlagszahlung von 4.750,-- EUR. weitere Zahlungen erfolgten nicht.

Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung von 14.250,-- EUR wegen der noch offenen Provision abzüglich einer Gutschrift über 2.000,-- EUR in Anspruch. Im Wege der Widerklage begehrt der Beklagte die Rückzahlung der gezahlten Abschlagszahlung.

Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

II.

Die Berufung des Klägers ist durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie, worauf der Senat mit Hinweis vom 27.06.2008 hingewiesen hat, aus den nachfolgend dargelegten Gründen keinen Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Mit seinem in zweiter Instanz angekündigten Antrag verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag aus der Klageschrift vom 12.10.2005 - Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 14.250 Euro nebst Zinsen - weiter. Aus dem Inhalt der Berufungsbegründung ergibt sich indes, dass er sich nicht nur gegen die Aufhebung des in erster Instanz antragsgemäß zu seinen Gunsten ergangenen Versäumnisurteils vom 12.09.2006 (Bl.41f. d.A.) und Abweisung seiner Klage als unbegründet wendet, sondern auch seine Verurteilung auf die Widerklage hin für rechtsfehlerhaft hält. Sein Berufungsantrag ist deshalb dahingehend auszulegen, dass er neben der Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils vom 12.09.2006 die Abweisung der Widerklage begehrt.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage als unbegründet abgewiesen und der Widerklage des Beklagten auf Rückerstattung der ersten Provisionsrate stattgegeben. Dem Kläger steht wegen Vermittlung der elf Wohnungen in der ...-Straße, ..., an den Beklagten bzw. dessen Ehefrau kein Anspruch auf Zahlung von Maklerlohn nach § 652 Abs.1 S.1 BGB zu.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Berufung, der Provisionsanspruch ergebe sich bereits aus dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages vor dem Notar N1, weil der Anspruch auf Maklerlohn nicht entfalle, wenn der vermittelte Vertrag nicht durchgeführt werde. Das Landgericht hat hinsichtlich des Kaufvertragsabschlusses eine Provisionspflicht des Beklagten zu Recht verneint.

Nach § 652 BGB hängt der Provisionsanspruch des Maklers vom Zustandekommen des Hauptvertrages ab. Es genügt dabei grundsätzlich der Abschluss des schuldrechtlichen Kaufvertrages, ohne dass das dingliche Erfüllungsgeschäft zustande gekommen sein muss. Der Vertrag muss allerdings gültig zustande kommen und darf nicht nachträglich wegen einer im Vertragsschluss selbst liegenden Unvollkommenheit wieder beseitigt worden sein (Palandt/Sprau, BGB, 67. Aufl, § 652 Rdnr.28; BGH NJW 1997, 1581ff., jeweils m.w.N.).

Diese Voraussetzung liegt hier zwar vor. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Beklagte vor Ersteigerung von fünf der insgesamt elf Wohnungen - die restlichen sechs Wohnungen wurden von seiner Ehefrau ersteigert - zuvor das in der Zwangsversteigerung befindliche Haus, und zwar offenbar als Ganzes, gekauft. Bedenken gegen das gültige Zustandekommen des Grundstückskaufvertrages ergeben sich noch nicht allein daraus, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs die Zwangsversteigerung des Grundstücks bereits angeordnet worden war. Diese hat die Wirkung eines Veräußerungsverbots (§§ 20 Abs.1, 23 Abs.1 S.1 ZVG), welches einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 i.V.m. § 136 BGB bezeichneten Art gleichsteht (BGH, aaO; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 23 Rdnr.2). Die gegen ein solches Verbot verstoßende Verfügung ist nur gegenüber dem Verbotsgeschützten, hier den Beschlagnahmegläubigern, unwirksam und betrifft darüber hinaus unmittelbar nur die Verfügung über das Grundstück, also das Erfüllungsgeschäft, nicht aber die Verpflichtung zur Veräußerung.

Anderes gilt indes, wenn der Maklervertrag einer Auslegung dahin zugänglich ist, dass der Provisionsanspruch entfällt, wenn der wirtschaftliche Zweck des Hauptvertrages wegfällt (BGH NJW 1997, 1584f.). So liegt der Fall hier.

Der zwischen den Parteien geschlossene Maklervertrag ist auf der Grundlage eines Schreibens des Beklagten ohne Datum (Bl.20 d.A.), in welchem er sich auf das im Exposé des Klägers vom 15.02.2004 angebotene Objekt nebst Provisionsverlangen bezogen hat, und einem entsprechenden Annahmeschreiben des Klägers vom 10.05.2004 (Bl.21 d.A.), in welchem sich dieser mit Zahlung der Courtage in fünf gleichen Raten einverstanden erklärt, zustande gekommen. Bereits diese Korrespondenz ("Kaufpreisangebot ... aus der Insolvenz X" ... "X Insolvenz ..."), insbesondere aber auch der vom Kläger geäußerte Wunsch, der Beklagte möge ein schriftliches Kaufangebot unterbreiten, welches an die Bank und die Insolvenzschuldnerin weitergeleitet werden könne, belegt, dass der wirtschaftliche Zweck des Kaufvertrages nur erreicht werden konnte, wenn mit den Grundbuchgläubigern eine entsprechende Einigung erzielt werden würde. Dies ergibt sich zudem aus dem Schreiben der A-Bank vom 24.01.2005 (Bl.22 d.A.), in welchem diese dem Beklagten mitteilt, nach Fehlschlagen ihrer Bemühungen, mit den Nachranggläubigern ein akzeptables Ergebnis zu erzielen, komme nur noch ein Eigentumserwerb - wie später geschehen - im Rahmen des laufenden Zwangsversteigerungsverfahren in Betracht. Im Übrigen hat die A-Bank mit Schreiben vom 24.09.2007 (Bl.122 d.A.) nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass in einem ersten Schritt versucht worden sei, einen freihändigen Verkauf der Wohnungen unter Mitwirkung der Insolvenzverwalterin und der Nachranggläubiger zu erreichen, was aber - wie dargelegt - an der fehlenden Einigung mit den Nachranggläubigern gescheitert sei. Unter diesen Umständen waren das Risiko eines wirtschaftlichen Fehlschlags des Hauptvertrages und damit die Gefahr einer nutzlos eingegangenen Provisionsverpflichtung für beide Parteien greifbar. Die Erkennbarkeit für den Kläger ergibt sich zudem in aller Deutlichkeit aus der Mitteilung der A-Bank im letztgenannten Schreiben, wonach der Kläger "sehr aktiv" in die ganze Angelegenheit eingebunden gewesen sei. Damit ist der Maklervertrag wegen Gleichheit der Interessenlage so zu behandeln, als wäre er unter einer aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 652 Abs.1 S.2 BGB geschlossen worden. Der Kläger hat jedenfalls nach Treu und Glauben nicht darauf vertrauen dürfen, die Maklerprovision endgültig vereinnahmen zu können.

Der Kläger kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, ein Provisionsanspruch ergebe sich mit Blick auf den Erwerb der Wohnungen im Wege der Zwangsversteigerung aus der Gleichwertigkeit dieses Erwerbs mit dem beabsichtigten Geschäftsabschluss. Der Erwerb eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung begründet keine Provisionspflicht. Im Zwangsversteigerungsverfahren vollzieht sich der Eigentumserwerb nicht aufgrund eines Kaufvertrages, sondern aufgrund eines staatlichen Hoheitsakts. Dem Makler steht kein Provisionsanspruch zu, wenn sein Kunde das vom Makler benannte Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung erwirbt. Der Provisionsanspruch scheitert schon daran, dass es an einer wesentlichen Voraussetzung des § 652 BGB, nämlich am Zustandekommen des Hauptvertrages, fehlt. Die Aufgabe des Maklers besteht nämlich darin, durch eine Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit auf einen freiwilligen Vertragsschluss, also auf eine echte und nicht nur fingierte Willenseinigung der beteiligten Interessenten hinzuwirken (BGHZ 112, 59ff.; BGH NJW 1997, 1582).

Zwar kann durch Individualvereinbarung der Erwerb in der Zwangsversteigerung dem Abschluss eines Grundstückskaufvertrages gleichgestellt werden (BGHZ 112, 59ff.). Eine solche Vereinbarung hat das das Landgericht aber nicht festgestellt. Das im Exposé (Bl.19 d.A.) enthaltene Provisionsverlangen des Klägers stellt ausdrücklich auf eine "auf den protokollierten Kaufpreis" anfallende Courtage ab. Für seine Behauptung, die Parteien hätten die Zahlung einer Maklercourtage auch für den Fall des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung vereinbart, vermochte der Kläger den ihm obliegenden Beweis nicht zu erbringen. Der in erster Instanz als Zeuge vernommene Notar N1 hat die Behauptung des Klägers, wonach bei Einigung über die Ausbietungsvereinbarung "Honorarsummengleichheit" (Beweisbeschluss vom 22.03.2007, Bl.79 d.A.) vereinbart worden sei, nicht bestätigen können ("Ich weiß nichts davon, dass die Parteien vereinbart hätten, dass es eine Maklercourtage für die Ausbietungsvereinbarung geben sollte."). Eine Vernehmung des weiter als Zeugen benannten Notars N2, der den sog. Ausbietungsvertrag (Bl.127ff. d.A.) protokolliert hat, ist am Fehlen der nach § 18 Abs.2 BNotO erforderlichen Befreiungserklärung der beteiligten A-Bank gescheitert. Im Übrigen enthält der notarielle Ausbietungsvertrag, den der Kläger als vollmachtloser Vertreter für die A-Bank mit dem Beklagten geschlossen hat, auch keine sog. Maklerklausel.

Das Vorbringen des Klägers in seiner Stellungnahme vom 18.08.2008 bietet keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Allein der Umstand, dass der Beklagte auf die Provisionsrechnung des Klägers vom 08.04.2005 (Bl. 4 d.A.) eine erste Rate in Höhe des Widerklagebetrages gezahlt hat, rechtfertigt noch nicht die Annahme eines hierin liegenden deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist ein vertraglich kausales Anerkenntnis. Es setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit entziehen wollen und sich dahingehend einigen. Die erforderliche Einigung kann nur angenommen werden, wenn sich ein entsprechendes Angebot sowie dessen Annahme feststellen lassen. Die Prüfung einer Rechnung wie auch deren Bezahlung reichen für sich genommen hierfür nicht (BGH NJW-RR 2007, 530; Palandt, BGB, 67. Aufl., § 781 Rdnr. 9 m.w.N.). Dies gilt erst Recht für eine à-conto-Zahlung. Anhaltspunkte, die auf eine darüber hinausgehende Einigung der Parteien schließlich lassen, werden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Insoweit stellt sich auch nicht, wie der Kläger meint, die Frage der Beweislastverteilung im Falle eines Anerkenntnisses. Im Übrigen lässt der Umstand, dass der Kläger bei Protokollierung des - nicht durchgeführten - Kaufvertrages vor dem Notar N1 offenbar anwesend war, nicht schon den Schluss zu, dass sich die Parteien, wie im Hinweis vom 27.06.2008 angesprochen, auch auf die Zahlung einer Maklercourtage für den Fall des Erwerbs im Wege der Zwangsversteigerung verständigt haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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